Geschichte des Hauses Wittelsbach

Der erste sicher bezeugte Ahnherr des Hauses Wittelsbach ist Otto, der um 1045 als Graf an der Paar und ab 1047 als Vogt des Bistums Freising bezeugt ist, sich später nach seiner Burg Scheyern benannte und 1078 starb. Seine Gemahlin Haziga stammte vermutlich von Luitpold, dem 907 in der Schlacht bei Preßburg gegen die Ungarn gefallenen Markgrafen der Ostmark ab, was die von mittelalterlichen Chronisten behauptete Herkunft der Wittelsbacher von dem älteren bayerischen Herzogshaus der Luitpoldinger erklären würde. Otto und Hazigas Enkel Graf Otto IV. von Scheyern erbaute die Burg Wittelsbach bei Aichach, die dem Geschlecht von nun an den Namen gab, und wurde von Kaiser Heinrich V. zum Pfalzgrafen in Bayern bestellt.

Graf Otto I. und Gräfin Haziga von Scheyern

Pfalzgraf Otto VI. rettete Kaiser Friedrich Barbarossa 1155 in der Schlacht in der Veroneser Klause aus großer Bedrängnis und wurde zum Dank dafür 1180 nach der Absetzung des Welfen Heinrich des Löwen (Gründer von München) mit dem Herzogtum Bayern (als Herzog Otto I.) belehnt. 1214 erwarben die Wittelsbacher dazu die Pfalzgrafschaft bei Rhein mit dem Zentrum Heidelberg. In beiden Landesteilen verstanden es die Nachkommen Ottos I., ihre Herrschaft durch die Gründung von Städten und eine bessere Organisation der Verwaltung zu sichern. Durch geschickte Heiraten mehrten sie ihren Besitz: So erwarb zum Beispiel Herzog Otto II. als Erbe seiner Mutter Gräfin Ludmilla von Bogen 1242 die Ländereien dieses Geschlechts im Donautal und Bayerischen Wald. Er nahm bei dieser Gelegenheit das Wappen der Bogener, die weiß-blauen Rauten, an, die seitdem zum Symbol des Hauses und Landes Bayern geworden sind.

Herzog Otto I. von Bayern

Mit Ludwig dem Bayern stellte das Haus Wittelsbach von 1314 bis 1347 erstmals einen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Als er 1329 mit den Söhnen seines Bruders Rudolf in Pavia bei Mailand einen Hausvertrag abschloss, entstanden zwei Linien: die bayerische und die pfälzische, wobei der letzteren auch die zum Herzogtum Bayern gehörigen Gebiete im Nordgau (nördlich Regensburg) zugeteilt wurden, die seitdem den Namen „Oberpfalz“ bekamen. Die Pfälzer Wittelsbacher genossen die Gunst Kaiser Karls IV. (1347 – 1378), weshalb die Goldene Bulle von 1356 ihnen, nicht aber den bayerischen Verwandten das Recht der Kur, d.h. der Teilnahme an der Kaiserwahl, zubilligte.

Grabplatte Kaiser Ludwig IV. im Liebfrauendom zu München

In beiden Hauptlinien kam es im Laufe des späten Mittelalters zu verschiedenen weiteren Teilungen, wodurch sich der Besitz des Hauses zeitweise stark zersplitterte; Erbstreitigkeiten waren die Folge. Am einflussreichsten waren die pfälzische Kurlinie und in Bayern die in Landshut residierenden „Reichen Herzöge“, die noch heute durch die prächtige Landshuter Hochzeit bekannt sind, die Georg der Reiche 1475 mit der polnischen Königstochter Jadwiga feierte. Da aus der Ehe jedoch kein Sohn hervorging, kam es 1503 bis 1505 zum Landshuter Erbfolgekrieg, bei dem Herzog Albrecht IV. von Bayern-München sich weitgehend gegen seine pfälzischen Verwandten durchsetzen konnte. Diesen wurde mit dem neu geschaffenen Fürstentum Pfalz-Neuburg nur ein kleiner Teil des Erbes zugestanden, während ganz Niederbayern der Münchner Linie zufiel. In der Primogeniturordnung von 1506 verordnete Albrecht IV., dass von nun an immer nur der älteste Sohn erbberechtigt sein solle. Die Einheit des Landes Bayern blieb dadurch gewahrt und München wurde zur beständigen Hauptstadt.

Hausvertrag von Pavia

Im Zeitalter der Reformation verschärfte sich die Rivalität zwischen den bayerischen und pfälzischen Wittelsbachern, da die letzteren sich dem evangelischen Bekenntnis anschlossen, während die Herzöge von Bayern zu einer der wichtigsten Stützen der katholischen Kirche in Deutschland wurden. Dies hatte weitreichende politische und kulturelle Folgen: Bayerische Prinzen besetzten über etwa zwei Jahrhunderte hinweg den Kölner Erzbischofsstuhl, um dem rheinisch-westfälischen Katholizismus den Rückhalt Bayerns gegen mächtige protestantische Nachbarn zu verschaffen. Ihr eigenes Land schlossen die Herzöge gegenüber dem Norden Deutschlands ab, öffneten es aber für einen breiten Strom geistiger und künstlerischer Einflüsse aus dem katholisch gebliebenen Süd- und Westeuropa und legten so die Grundlage für die bayerische Barockkultur. Der politische Konflikt verschärfte sich im Dreißigjährigen Krieg: Der treu zum habsburgischen Kaiser stehende Herzog Maximilian I. von Bayern erhielt zum Dank für seine entscheidende Mithilfe bei der Niederwerfung des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, der sich von aufständischen Protestanten zum König von Böhmen hatte wählen lassen, die pfälzische Kurwürde und die Oberpfalz übertragen. Erst im Westfälischen Frieden bekam der Sohn des vertriebenen „Winterkönigs“ Friedrich 1648 wieder die Rheinpfalz samt einer neugeschaffenen Kurwürde. Als seine männlichen Nachkommen 1685 ausstarben, fiel die Kurpfalz an die katholische Nebenlinie Pfalz-Neuburg. Eine andere pfälzische Nebenlinie hatte von 1654 bis 1720 den schwedischen Königsthron inne. Mit Karl VII. stellte das Haus Wittelsbach von 1742 bis 1745 nochmals einen Kaiser.

Hortus Palatinus in Heidelberg

Im Jahre 1777 erlosch mit Kurfürst Maximilian Ill. Joseph die bayerische Linie der Wittelsbacher. Die Regierung Bayerns trat zunächst der Kurfürst von der Pfalz, Karl Theodor, an und danach, da auch dieser keinen direkten Erben hinterließ, Herzog Max Joseph aus der Nebenlinie Pfalz-Zweibrücken. Ihm gelang es, unterstützt von seinem Ersten Minister Graf Montgelas, Bayern sicher durch die Stürme des Zeitalters Napoleons zu steuern.

Kurfürst Carl Theodor mit Traversflöte

1806 wurde Herzog Max Joseph als Max I. Joseph der erste König von Bayern, wobei in Folge verschiedener Kriege das Herrscherhaus zwar seine Besitzungen links des Rheins verlor, dafür aber Franken und das heutige Bayerisch-Schwaben erwerben konnte. 1818 gab Max I. Joseph seinem Land eine moderne Verfassung. Sein Sohn Ludwig I. tat viel für die Integration der neu erworbenen Gebiete in den bayerischen Staat und baute durch seine großzügige Kulturförderung München zu einer der Kunstmetropolen Europas aus. Er förderte die Schaffung eines unabhängigen Griechenland. In Bayern übernahm nach der Abdankung Ludwigs I. im Jahre 1848 sein ältester Sohn Max II., ein Freund und Förderer der Wissenschaften, die Krone. Der wohl bekannteste Wittelsbacher ist dessen Sohn Ludwig II., der Erbauer der „Märchenschlösser“ Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee und Mäzen Richard Wagners. Nach dem tragischen und bis heute nicht restlos aufgeklärten Tod des Königs übernahm sein Onkel Luitpold als Prinzregent die Regierung für Ludwigs geisteskranken Bruder Otto. Sein  einfaches und leutseliges Auftreten machte ihn in seiner Zeit zu einem überaus beliebten und populären Regenten in Bayern. Als er 1912 hochbetagt starb, trat sein Sohn Ludwig III. das Erbe an. Da Bayern seit 1871 zum Deutschen Reich gehörte, wurde es bald in den Ersten Weltkrieg verwickelt. Dessen unglücklicher Ausgang führte 1918 zur Revolution.

Ludwig III. entband im November 1918 Beamte und Soldaten von ihrem Treueeid, dankte aber nicht ab. Er starb 1921 in Sárvár in Ungarn. Sein Sohn Kronprinz Rupprecht übernahm nach dem Tod Ludwig III. die Stellung des Chefs des Hauses.

König Max I. Joseph